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Wenn ein Richter Partei ergreift




Das Buch der Verdachtsmomente kann gratis im Internet heruntergeladen werden. Sehr gute Portugiesischkenntnisse sind aber nötig, um seinen Reichtum auszuschöpfen.

Aber der Journalist Reinaldo Azevedo hat das Wichtigste herausgefiltert

Das Buch der Verdachtsmomente ist erschienen, das erste wirklich ehrgeizige Werk über den Terror der Operation Lava Jato

Zusammengestellt von Lenio Streck und Mar Aurelio de Carvalho

3. 08.2020 Reinaldo Azevedo

Von jetzt an, internaut, müssen Sie jedes Mal, wenn Sie etwas über die Operation Lava Jato lesen nachfragen (oder im Internet nachsehen) ob der Autor das „Buch der Verdächtigungen“ gelesen hat, das von der Gruppe Prerrogativas, einer Gruppe von Anwälten, die für die ordentliche Rechtsprechung kämpft, herausgegeben wurde. Es handelt sich um eine Sammlung von 31 Artikeln und einem „Post Skriptum“, verfasst von 40 Anwälten und Juristen – einige Artikel haben also mehr als nur einen Autor – und zusammengestellt von Lenio Streck und Marco Aurelio de Carvalho. Auf 290 Seiten schreiben sie etwas, was ich als das erste Gesamtwerk über die Aggressionen gegen den Rechtsprozess nennen würde, die von der Lava Jato unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung begangen wurden.

Noch eine gute Neuigkeit: man kann das Buch lesen, ohne einen Cent auszugeben. Man muss nur auf den link klicken und bekommt das Gesamtwerk. Die Herren Doktoren waren großzügig zu ihren Lesern. Die Texte sind verständlich für Laien ohne deswegen an technischer Genauigkeit zu verlieren. So können auch die Juristen, die die Aktion nicht im Detail mitverfolgt haben, viel daraus lernen. Und ich glaube, dass alle von der Ansammlung von Absurden überrascht sein werden. Der Brennpunkt dieses ersten ehrgeizigen Werks über das Thema ist der Verdacht gegen Sergio Moro als Richter. Ja, wenn auch der „Fall Lula“ der ausdrucksvollste ist, ist er dennoch nicht der einzige, in dem sie Illegalität und Autoritarismus ein einer ungesunden Umarmung vereinen.

Irgendwann wird das zweite Gremium des Obersten Gerichtshofs die Abstimmung über den habeas Corpus Nummer 164,493 beenden, der den Verdacht gegen Moro fordert, was zur Aufhebung der Urteile führen wird, wie es der Artikel 564 der Strafprozessordnung vorsieht. Es gibt bereits zwei Stimmen dagegen: die Richter Edson Fachen und Carmen Lucia haben sich im Dezember 2018 dagegen ausgesprochen. Gilmar Mendes bat um mehr Informationen und, seit diesem Ansuchen wartet man auf den Abschluss. Ricardo Lewandowski und Celso de Mello werden ebenfalls abstimmen.

Gegen Fachin und Carmen gib es Beweise, dass es bereits im Dezember 2018 mehr als genügend Gründe gab, den Verdacht gegen Moro auszusprechen. Aber sie haben entschieden, sich als hartherzige Pharaonen darzustellen. Für die beiden spricht die Tatsache, dass damals beide nichts von den zerstörerischen Reportagen wussten, die der Intercept und seine Mitstreiter enthüllt haben. Der erste Artikel wurde am 9, Juni 2019 veröffentlicht. Solange ein Urteil nicht vollständig abgegeben ist, haben Richter das Recht, ihre Meinung zu ändern.

DER VERDACHT

In dem Buch beschreibt der Jurist Lenio Streck über die Frage der Verhinderung eines Richters, was in den Artikeln 252 und 254 der Strafprozessordnung dargelegt wird. Es gibt den Beweis dass das Oberste Gericht selbst, im Jahre 2013, ein Urteil für einen solchen HC abgegeben hat, im HC 59518, - in einem Prozess dessen Richter Sergio Moro war, muss man dazu sagen – und dieses Urteil stellt klar, dass es andere Gründe einer Verhinderung gibt als die bindenden Möglichkeiten, die da aufgelistet sind. Unter ihnen die Haltung eines Richters, der systematisch von den Regeln der Strafprozessordnung abweicht.

Hätte Moro das getan ? Sehen wir mal. Es ist in jedem Fall klar, dass unter den bindenden, deutlichen Möglichkeiten der Verhinderung eines Richters sich die Feindschaft oder Freundschaft zwischen Richter und Angeklagten befindet. (CPP, Absatz I Artikel 254). In einem Interview mit Globo News vom 5. Juni verglich der frühere Richter den Prozess gegen Lula mit einem Boxring. So ? Also hat Moro zugegeben, dass er… ein Gegner des Angeklagten war. Und ist verhindert.

THE INTERCEPT BRASIL

In einer kurzen Zusammenfassung, was haben die Artikel des THE INTERCEPT BRASIL und ihrer Partnermedien enthüllt ?

- Direkte und wiederholte Kontakte zwischen dem Richter und der Anklage

- Der Richter berät die Ankläger über anzuhörende Zeugen

- Der Richter verlangt von den Anklägern Ergebnisse und Vorbereitung gegen den Angeklagten, er schlug zum Beispiel vor, dass die Anklage die „kleine Show“ der Verteidigung ablehnen solle.

- Der Richter betont die Milde einer Anklägerin, die sodann ersetzt wurde

- Einmischung des Richters in die Abfolge der sogenannten „Phasen“ bei der Operation Lava Jato

- Das Geständnis, dass er mit voller Absicht die illegale Veröffentlichung eines ebenso illegal abgehörten Telefongesprächs zwischen Lula und Dilma manipulierte

- „Einwilligungen“ oder „Ermutigungen“ zu unorthodoxe Verhaltensweisen der Staatsanwälte, so wie im Fall des berühmten absurden Power Points

ACHTUNG

Solche Reportagen lassen keinen Zweifel an der Parteilichkeit und Mangel an technisch genauem Verhalten in der Operation Lava Jato. Durch sie kommt aber noch eine lange Liste an Ungeheuerlichkeiten und ein bekannter und beeindruckender Haufen an Aggressionen gegen die Strafprozessordnung und gegen die Moral hinzu. Ohne sie jedoch verbleibt das brasilianische Rechtsbewusstsein unter Narkose. Alles geht im Namen der Korruptionsbekämpfung.

Bevor die Vaza Jato (die Artikelserie des Intercept und ihrer Partner) das Horrorschauspiel aufgedeckt hatten, hatte Moro bereits

-Zwangsabführung gegen Lula beschlossen, gegen das Gesetz (Artikel 260 der CPP)

- Lula ohne Beweise verurteilt, gesetzt das das, was er als Beweis anführt, keinerlei Bezug zur Anklage hat

- Klargestellt hatte, in schriftlichen Dokumenten, dass er nicht einmal der natürliche Richter des Falles sei, weil er zugab, dass es keinen Bezug zwischen den Verträgen der OAS/Petrobras und der gewissen Triplex-Wohnung in Guaruja gab

- Illegaler Weise illegal abgehörte Telefongespräche zwischen Dilma und Lula veröffentlicht hat

- Vermehrt und ungerechtfertigt zu Untersuchungshaft verurteilt hatte, wie es ihm gefiel

- Die Aufhebung der Geheimhaltung der – wie soll man sagen ? – umstrittenen Aussage von Antonio Palocci eine Woche vor der Wahl von 2018

- Indem er Justizminister von Bolsonaro wurde… so ein Fall von eindeutiger politischer Pornographie fand vor den Urteilssprüchen von Fachin und Carmen Lucia vor, was eine Schande für die beiden ist.

In den 32 Texten der 40 Autoren werden wir uns dessen bewusst, was die Justiz nicht sein darf, auch wenn sie ein hohes Ziel vorgibt : die Korruption zu bekämpfen. Brasilien steckt nicht grundlos in diesem Schlamm. Die Korruption ist ein Übel, das dauernd bekämpft werden muss. Man muss es aber innerhalb der Grenzen des Rechtsstaates bekämpfen, ansonsten zerstört man Rechte, Arbeitsplätze, Institutionen und die Demokratie. Das Buch ist Pflichtlektüre

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