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Brief von Bruder Betto

Brief an die Freunde/innen außerhalb Brasiliens



Liebe Freundinnen und Freunde,

In Brasilien findet ein Völkermord statt! An dem Tag, an dem ich schreibe, dem 16.07., hat die Covid19 seit Februar bereits 76000 Menschen getötet. 2 Millionen sind infiziert. Bis Sonntag, den 19.07. werden wir 80.000 Todesopfer haben. Es ist möglich, wenn Sie das lesen, wir bereits 100.000 Tote haben.

Wenn ich daran denke, dass in den 20 Jahren des Vietnamkriegs 58.000 Nordamerikanische Soldaten geopfert wurden, kann man abschätzen, wie schwerwiegend das, was gerade in meinem Land passiert, ist. Dieser Horror macht uns wütend und aufgebracht. Wir alle wissen, dass die Vorsichtsmaßnahmen, die in so vielen anderen Ländern getroffen wurden, diese hohe Sterbensrate vermieden hätte.

Als er für die Absetzung der Präsidentin Dilma gestimmt hat, widmete er seine Stimme dem bekanntesten Folterknecht der Militärs, dem Oberst Brilhante Ustra.

So besessen vom Tod, war eine der ersten politischen Aktionen seiner Regierung die Erlaubnis des freien Verkaufs von Waffen und Munition. Als man ihn an der Tür des Präsidentenpalasts fragte, ob ihn die Toten der Pandemie nicht betroffen machten, antwortete er : „Ich glaube nicht an diese Zahlen“ (27.03, 92 Tote), „Wir alle müssen einmal sterben“ (29.03, 136 Tote), „Na und ? Was soll ich machen ?“ (28.04, 5.17 Tote).

Warum diese Nekropolitik ? Von Anfang an erklärte er, das Wichtigste sei nicht, Leben zu retten, sondern die Wirtschaft. Daher weigerte er sich, den lockdown zu bestimmen, die Ratschläge der WHO zu befolgen und Beatmungsgeräte und Masken zu importieren. Es war nötig, dass der Oberste Gerichtshof diese Verantwortung den Gouverneuren und Bürgermeistern zusprach.

Bolsonaro hat auch die Autorität seiner eigenen Gesundheitsminister missachtet. Seit Februar hatte Brasilien zwei Minister, die beide abgesetzt wurden, weil sie sich weigerten, die Haltung des Präsidenten zu übernehmen. Jetzt steht dem Ministerium der General Pazuello vor, der nichts von Gesundheitspolitik versteht, die Zahlen der Entwicklung der Todesopfer zu verschweigen versuchte, 38 Militärs auf strategische Posten im Ministerium setzte, obwohl diese nicht die nötigen Kenntnisse besitzen und die täglichen Pressemitteilungen an die Bevölkerung aufhob.

Es ginge zu weit, im Detail aufzuzählen wie viele Maßnahmen, um der bedürftigen Bevölkerung (mehr als 100 Millionen Brasilianer) und zur Hilfe der Opfer niemals ausgeführt wurden.

Die Gründe für die kriminelle Absicht der Regierung Bolsonaro sind offensichtlich. Lasse die Alten sterben, um bei den Renten zu sparen. Lasse die Kranken sterben, das erspart Geld der Krankenkassen. Lasse die Armen sterben, das erspart Familienbeihilfe und andere soziale Programme, die 52,5 Millionen Brasilianer betreffen, die in Armut leben, und 13,5 Millionen in extremer Armut. (Zahlen der Zentralregierung).

Mit diesen tödlichen Maßnahmen unzufrieden hat der Präsident jetzt sein Veto gegen den Gesetzesentwurf vom 03.07. ausgesprochen, der die Maskenpflicht in Geschäften, Kirchen und Schulen vorsah. Er hat ebenfalls sein Veto gegen Strafen für die abgegeben, die diese Regeln missachten und gegen die Verpflichtung der Regierung, gratis Masken an die Ärmsten zu verteilen, die die größte Anzahl der Opfer der Covid 19 ausmachen, und an die Gefängnisbevölkerung (750.000). Diese Vetos erlauben aber, das lokal die Maskenpflicht beibehalten wird.

Am 8.07. blockierte Bolsonaro Teile eines Gesetzes, das im Senat beschlossen worden war, welches die Regierung verpflichtete, den Indios Trinkwasser, Hygieneartikel, Internet und Basislebensmittel sowie Saatgut und Werkzeuge für die Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen. Er sprach auch sein Veto gegen Nothilfe für die Gesundheitsversorgung der Indigenen und Quilombolas aus und deren Zugang zur Hilfsgeldzahlung von 600 real (100 Euro) für drei Monate. Außerdem gab er sein Veto für die Pflicht der Regierung, der indigenen Bevölkerung mehr Spitalsbetten und Beatmungsapparate zur Verfügung zu stellen.

Indigene Bevölkerung und Quilombolas (das sind Siedlungen ehemaliger Sklaven) wurden durch die Umweltzerstörung vor Allem im Amazonasgebiet bereits dezimiert.

Bitte informieren sie weit über diese Verbrechen gegen die Menschheit. Diese Enthüllungen müssen die Medien in Ihrem Land erreichen, über das Internet, bis zum Menschenrechtsforum der ONU, in Genf, und bis zum Internationalen Gerichtshof in Den Haag, aber auch an die Banken und die Unternehmen, deren Investitionen die Regierung Bolsonaros braucht.

Schon lange bevor der Economist den Präsidenten Bolso-Nero nannte, habe ich das getan, Nero spielte die Leier, als Rom in Flammen stand und Bolsonaro spielt die Leier und macht Werbung für Chloroquin, ein Medikament, dessen Wirksamkeit gegen Covid19 nicht erwiesen ist. Seine Hersteller sind Alliierte des Präsidenten…

Ich danke für Euer solidarisches Interesse an diesem Brief. Nur der Druck von Außen wird es erlauben, den Völkermord, unter dem unser liebes und wunderbares Brasilien leidet, in Grenzen zu halten.

Brüderlich

Bruder Betto

Bruder Betto ist Dominikanermönch und Schriftsteller, er nimmt an der FAO teil, sowie an sozialen Bewegungen.


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